Tinnitus-Retraining-Therapie

Für Tinnitus-Patienten bieten wir eine sogenannte habituationsbasierte Therapie an. Diese Therapie basiert auf der Beobachtung, dass unangenehme Geräusche vom zentralen Wahrnehmung allmählich ausgeblendet werden, wenn es gelingt, sie schonend ins Hörumfeld zu integrieren. Die gesamte Therapie erstreckt sich über einen Zeitraum von 18 bis 24 Monaten.

Vergleichen wir die Arbeitsweise unseres Gehirns mit einem Computer, wird dieser Zusammenhang noch deutlicher. Die Bestandteile eines Computers sind die Hardware und die Software.

Die Art und Weise, wie das Gehirn das „bloß Gehörte“ in sinnvolle Wahrnehmung umsetzt, ist nicht die Aufgabe der Hardware, sondern die der entsprechenden Software.

Die Hardware besteht dabei aus dem Innenohr, den Fasern der Hörnerven, den Zentren und  Hörbahnen des Hörsystems. Sie ist gegeben, zwar störungsanfällig gegen Schädigungen aller Art, aber sie ist nicht veränderbar im Sinne der Anpassungsfähigkeit.

Man muss sich die Funktion des Gehirns als ein außerordentlich kompliziertes Netzwerk an Verbindungen vorstellen. An seinen  unzähligen Knotenpunkten der Vernetzung werden die in Nervenaktionspotentiale verschlüsselten Informationen in Weichen gestellt. Von hieraus werden sie dann entsprechend weitergeleitet. Nach welchen Prinzipien diese Weichenstellung erfolgt, kann nur ungenügend erklärt werden.

Wird jedoch der Begriff der Software mit ihren Programmen zur Hilfe genommen, erhält man eine Vorstellung darüber.

Der Computer ist in der Lage, verschiedenste Programme zu bearbeiten, abzuändern oder zu löschen. Er benötigt jedoch Programme, um überhaupt zu arbeiten. Auch unser Gehirn braucht diese Softwareprogramme, um die an ihn gestellten Aufgaben zu erfüllen. Es muss aus der gegebenen Rohinformation  Verbindungen zum Gedächtnis und zum Limbischen-System herstellen, es muss Sinnvolles von weniger Wichtigem trennen und  es muss die bewusste Wahrnehmung herausarbeiten.  Diese Aufgaben übernehmen die Softwareprogramme. Gäbe es sie nicht, so wären wir auch nicht fähig, uns bestimmten Situationen anzupassen, uns weiterzuentwickeln, oder überhaupt zu denken.

Ein solches Programm z. B. verhindert, dass wir unsere eigenen Körpergeräusche wie den Blutstrom oder den Herzschlag wahrnehmen.

Bei der Übertragung dieser Erkenntnisse auf den Tinnitus ergeben sich neue Ansatzpunkte.

Auch der Tinnitus muss einem zentralen Softwareprogramm entsprechen. Zwar handelt es sich um ein Programm, das wenig sinnvoll ist und stört, aber das vorhanden ist. Erklären kann man dies am Beispiel der Hörnervdurchtrennung, die in mehr als der Hälfte der Fälle nicht dazu führte, dass der Tinnitus verschwindet. Für die Betroffenen wirkt sich dieses Programm aus wie ein Virusprogramm, das als Störung in der Wahrnehmung das Denken erschwert. Die Erfahrungen, die bei Betroffenen mit der Hörnervdurchtrennung gemacht wurden, zeigen aber auch noch etwas anderes.

In dem einem Fall läuft das lästige Tinnitusprogramm autonom im Gehirn ab.

Ursächlich wurde es hervorgerufen durch einen Innenohrschaden. Da der Tinnitus aber auch noch nach der Durchtrennung gehört wird, hat er sich sozusagen von der Quelle abgekoppelt.

In dem anderen Fall verschwindet er nach der Durchtrennung.

Diese beiden Arten des Tinnitus bezeichnet man als zentral bzw. peripher. Für den Betroffenen ist diese Unterscheidung ohne Bedeutung. Heute ist niemand mehr bereit, einen schwer an Tinnitus Leidenden den Folgen dieser Durchtrennung -Verlust des Gehörs ohne Garantie für das Verschwinden des Tinnitus- auszusetzen.

Glücklicherweise ist ein modernes Rehabilitationsprogramm bei peripheren und zentralen Tinnitus gleichermaßen wirksam.

Viele Tinnitusbetroffene berichten, dass sie anfangs den Tinnitus eindeutig in einem Ohr wahrgenommen haben. Nach einer gewissen Zeit hat er sich dann aber von dem einen Ohr losgelöst und kann jetzt nicht mehr lokalisiert werden.

Diese Beobachtung kann man nur damit erklären, dass der Tinnitus ein zentrales im Gehirn und nicht mehr im Innenohr sich abspielendes Geschehen ist.

Ebenso spricht für diese Theorie, dass sich eine Minderung des Tinnitus nicht durch ein „Leisewerden“ zeigt. Er ist subjektiv gleich bleibend laut, die Wahrnehmung erfolgt aber nur noch in Intervallen, die immer kürzer werden.

Diese Betrachtungsweise des Tinnitus verhilft nicht nur zu einem besseren Verständnis, sondern sie führt auch zu neuen Wegen in den Behandlungsmethoden.

Das Innenohr ist bei dieser Betrachtungsweise nur noch die Vorstufe des Tinnitus. Subkortikal, das heißt im unbewussten Bereich des Gehirns entsteht er. Von Interesse ist nur, ob der im subkortikal  eingelagerte Tinnitus in den bewussten Wahrnehmungsbereich aufsteigt.

Das Ergebnis der Rehabilitation ist, den Tinnitus möglichst selten oder gar nicht mehr in die bewusste Wahrnehmung aufsteigen zu lassen.

Hierfür haben sich zwei Behandlungsmethoden etabliert.

Diese sind die Passive- und Aktive - Tinnitus Therapie.

Das Unterdrücken der Ohrgeräusche bzw. die  Linderungen der Ohrgeräusche sind Ziele der passiven Methode. Hierzu zählen alle medikamentösen Behandlungen und  viele nichtmedikamentösen Therapien. Darüber hinaus gehört auch die Maskierung der Ohrgeräusche zu den passiven Methoden. Es wird versucht, den Tinnitus wenigstens zeitweise zu verdecken. Es ist aber nicht möglich, diese Therapieform dauernd anzuwenden, auch heilt sie den Tinnitus nicht. Wird eine dieser Maßnahmen beendet, so ist der Tinnitus unvermindert wieder da.

Die aktive Methode hingegen versucht, dem Betroffenen Hilfe und Anleitung zu einer aktiven Selbsthilfe zu geben. Sie umfasst die Psychotherapie, alle so genannten kognitiven Therapien ( Anleitung des Patienten, über den Verstand mit seinen Problemen fertig zu werden ), sowie alle Entspannungstherapien. Hierbei wird sehr viel Eigeninitiative von dem Betroffenen verlangt. Leider neigen sie oft dazu, ihren Tinnitus als einen Fremdkörper zu betrachten, den man einfach entfernen soll. Diese Einstellung muss grundlegend geändert werden, auch wenn es den Betroffenen nicht immer leicht fällt.

Die Kombination der aktiven und passiven Methode bringt bei schwer Tinnitus Betroffenen Linderung und Heilung. Man findet diese Kombination oft an Tinnituskliniken. In einem mehrwöchigen Kuraufenthalt mit einem breiten Therapieangebot wird individuell dort angesetzt, wo eine Besserung zu erwarten ist. Es kommt zum Einsatz verschiedenster Begleittherapien, den Einsatz von Tinnitusmasker - Rauscher - Hörgeräten - Hörgeräte mit Rauscher Funktion - Hörsysteme mit Tinnitus Notch Funktion, der Psycho- und Physiotherapie.

Die Mehrzahl der Patienten empfindet eine erhebliche Verbesserung des Allgemeinzustandes.

Ein Nachteil eines solchen Klinikaufenthaltes darf nicht unberücksichtigt bleiben. Aufgrund der großen Entfernung zum Wohnort  kann eine Nachbetreuung seitens der Klinik in den seltensten Fällen erfolgen. Der Patient wird wieder in sein Umfeld zurückkehren. Dort findet er die gleichen unbefriedigenden Verhältnisse vor, denen er für eine längerer Zeit entfliehen konnte. Ist es dem Patienten nicht gelungen, während seines Aufenthaltes in der Klinik einen grundlegenden Schritt in Richtung Tinnitusbewältigung zu realisieren, wird die Besserung nur kurze Zeit bestehen bleiben.

Aus diesem Grund ist ein länger konzeptiertes Programm weitaus günstiger, welches den Alltag des Betroffenen begleitet und solange fortgesetzt wird, bis eine stabile Besserung erreicht ist. Das Einbeziehen der Angehörigen wirkt sich ebenfalls positiv auf das Gesamtbild aus. Gut informierte und interessierte Angehörige sind für den Betroffenen eine große Hilfe.

Tinnitus Notch Therapie

Geräuschlose Lösung – voll in den Alltag integriert

Die Tinnitus-Notch-Therapie kommt ohne zusätzliches Geräusch aus.

Ganz im Gegenteil: Die Klanganteile im Bereich des Tinnitus werden aus der Hörgeräte-Übertragung entfernt (engl. Notch = Aussparung).

Im Gegensatz zu bisher bekannten Ansätzen mit Notch gefilterter Musik ist die Tinnitus-Notch-Therapie besonders vielversprechend, denn sie ist völlig in den Alltag integrierbar. Die Tinnitus-Kombi-Instrumente mit Tinnitus-Notch-Therapiefunktion können problemlos den ganzen Tag getragen werden. Man muss sich nicht an ein zusätzliches Geräusch gewöhnen und das Hören wird verbessert.

Grundlage:

Ansätze:

Funktionsweise:

Zusammenfassung:

Vorteile:

  1. Vielversprechender Ansatz
  2. In der Langzeit-Therapie ist eine deutlich bessere Akzeptanz als bei der Musik-Notch-Therapie zu erwarten
  3. Keine wesentliche Verschlechterung der Kommunikationsfähigkeit
  4. Voll integrierbar in sämtliche Lebenssituationen und Hörumgebungen

Nachteile:

  1. Nicht in allen Technologie-Stufen vorhanden
  2. Nur bei einem reinen tonalen und frequenzstabilen Tinnitus anwendbar
  3. Wie alle anderen Hard- und Software Lösungen nur sinnvoll in einer ganzheitlichen Behandlungsstrategie
  4. Eine nur eingeschränkte Kostenübernahme
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